Was die Bürgermeisterkandidaten zur Verkehrssicherheit von Kindern in Preetz denken

Am 2. April findet in Preetz die Wahl eines neuen Bürgermeisters statt. Wir haben die beiden Kandidaten gebeten, zum Thema Straßenverkehrssicherheit von Kindern Stellung zu nehmen.

Tim Brockmann
Tim Brockmann, Kandidat der CDU (Bildrechte: Tim Brockmann)
Daniel Schlichting
Daniel Schlichting, Kandidat der SPD (Bildrechte: Daniel Schlichting)

1. Im Sommer 2022 wurde das Mobilitätskonzept für Preetz beschlossen. Welche konkreten Maßnahmen liegen Ihnen besonders am Herzen?                                                     

Daniel Schlichting: Eine nachhaltige, klimaneutrale und sichere Mobilität setzt eine Neuordnung des Verkehrsraumes für alle Verkehrsteilnehmer, also Fußgänger, das Fahrrad, den ÖPNV und Kfz-Verkehr voraus. Ziel ist eine konfliktfreie Nutzung der Verkehrsflächen durch alle Bürger. Konkret bedeutet dies die Neugestaltung des Straßenzuges Kirchenstraße und nördliche Kührener Straße. Auch wenn für die Finanzierung baulicher Maßnahmen an diesen Kreisstraßen der Kreis Plön zuständig sein dürfte, will ich mich um eine zügige Umsetzung dieses vordringlichen Projektes der Stadt- und Verkehrsentwicklung kümmern. Als wichtiger Schulweg und mit mehr als 1.000 Radfahrern pro Tag bestehen hier wegen des hohen Verkehrsaufkommens und der teils sehr schmalen Gehwege deutliche Handlungsbedarfe. Durchgehend „Tempo 30“, eine mit Piktogrammen hervorgehobene Radführung auf der Fahrbahn und die Verbreiterung und barrierefreie Gestaltung der Gehwege führen nicht nur zu mehr Verkehrssicherheit. Durch die Neugestaltung des Schützenplatzes und des Feldmannplatzes erhöht sich dort ebenfalls die Aufenthaltsqualität. Dieses Projekt könnte ein Leuchtturm für viele weitere Maßnahmen aus dem Mobilitätskonzept werden, wie zum Beispiel die Verkehrsberuhigung rund um den Markt oder die Anpassung der Verkehrssituation vor den Preetzer Schulen.

Tim Brockmann: In dem Mobilitätskonzept werden verschiedene Maßnahmen aufgezeigt, wie die verkehrliche Situation in Preetz verbessert werden kann. In den kommenden Monaten müssen diese Maßnahmen nun auf ihre Wirksamkeit und Umsetzbarkeit überprüft werden. Beispielsweise können die städtischen Gremien aus rechtlichen Gründen, selbst wenn dieses einhellig vor Ort gefordert wird, nicht ohne weiteres Tempo-30 Zonen ausweisen. Hierzu bedarf es der Abstimmung mit dem Kreis, dem es ggf. zu überzeugen gilt, von seinem Ermessensspielraum Gebrauch zu machen. Ein Beitritt zur kommunalen Initiative für städteverträglicheren Verkehr mit der Absicht auf Selbstbestimmung befürworte ich ausdrücklich.
Die städtischen Gremien in Preetz haben bereits eine Prioritätenliste erstellt, die ich für richtig und wichtig halte. An oberster Stelle steht dabei zu Recht die Schulwegsicherung. Als Beispiel sei die untere Kührener Straße genannt, die für alle Verkehrsteilnehmer insbesondere für den Radverkehr ein großes Problem ist. Ich plädiere außerdem dafür, dass Vorschläge aus dem Konzept weiterführend mit allen Verkehrsteilnehmern in der Stadt diskutiert werden, um die Menschen, um die es schließlich geht, in der Sache mitzunehmen. Ich setze hier auf Akzeptanz und Transparenz.
Zudem muss die Erweiterung der Parkmöglichkeiten am Bahnhof vorangetrieben werden, da durch die Umsetzung dieser Maßnahme erst die Gesamtkonzeption einer angestrebten Mobilitätdrehscheibe Sinn macht. Es müssen für die Preetzer und das Preetzer Umland Anreize geschaffen werden, auf den ÖPNV umzusteigen.
Eine Kfz-beruhigte Innenstadt ist sicherlich wünschenswert. Dadurch ließe sich vor allem die Aufenthaltsqualität steigern. Allerdings kann nicht jeder auf das Fahrrad oder den Bus umsteigen. Deshalb ist es wichtig, dass alle Verkehrsmittel bei diesem Thema gemeinsam gedacht werden. Ziel muss es sein, die Verkehrswende gemeinsam und klug umzusetzen, ohne einzelne Verkehrsteilnehmer von vornherein auszuschließen.

2. Wir als Kidical Mass Preetz haben im vergangenen November im Rahmen unserer „Schulstraßen-Aktion“ Elterntaxis aus dem Lohmühlenweg vor der Friedrich-Ebert-Grundschule ausgesperrt. Was wollen Sie für mehr Schulwegesicherheit in Preetz tun?

Tim Brockmann: Es steht völlig außer Frage, dass die Schulwege so sicher wie möglich sein müssen, wobei wir ehrlich sein müssen, dass eine absolute Sicherheit, wie in allen anderen Lebensbereichen auch, nicht gewährleistet werden kann. Sicherheit auf den Schulwegen kann nur im Zusammenspiel zwischen Schule, Eltern und Kommune gelingen. Gemeinsam gilt es, Punkte zu identifizieren, an denen die Schulwegsicherheit verbessert werden kann. Je nach Problemstellung können dann z.B. bauliche Maßnahmen (bessere Beleuchtung, Schaffung von Sichtfenstern, Geschwindigkeitsreduzierung) ergriffen werden, um das Gefährdungspotential zu reduzieren. Wichtig ist aber auch, dass in Kitas und Schulen der Verkehrserziehung neben allen anderen Aufgaben ein hoher Stellenwert eingeräumt wird.

Daniel Schlichting: Grundlage einer guten Schulwegsicherheit ist ein Schulwegeplan, der eng zwischen Stadt, Schulen und der örtlichen Polizei abgestimmt wird. Dabei sollte nicht jede Schule für sich betrachtet werden, sondern alle Schulstandorte – in einem Netzwerk – einbezogen werden. So erreichen wir, dass Schüler bei einem Schulwechsel einen Wiedererkennungswert haben. Ein runder Tisch „Schulwegsicherheit“ sollte sich regelmäßig mit der Weiterentwicklung der Verkehrssituation auseinandersetzen.
Die Schulwege müssen ohne Gefahrenpotentiale gestaltet sein. Breite Geh- und Radwege, gesicherte Straßenquerungen und freie Sichtfelder sind daher unerlässlich. Eine umfassende Schulwegplanung sollte Kindern wie Eltern ein Sicherheitsgefühl vermitteln, sodass Elterntaxis weitgehend entbehrlich sind. Sollten Elterntaxis aus persönlichen Gründen notwendig sein, so ist ihr Verkehr so zu organisieren, dass keine Gefahr hiervon für den „Schulverkehr“ ausgeht, z.B. ausgewiesene Halteplätze. Im Falle der Friedrich-Ebert-Grundschule könnte ich mir dies im Ragniter Ring vorstellen.

3. An mehreren Kindergärten und Kindertagespflege-Stellen in Preetz fehlen Schutzmaßnahmen wie Tempo 30. Was wollen Sie dafür tun, damit Kinder hier gut geschützt werden?

Daniel Schlichting: An allen Kitas und Kindertagespflegestellen müssen die öffentlichen Verkehrsflächen – gegebenenfalls durch eine veränderte Aufteilung – so gestaltet werden, dass Fußgänger, also insbesondere unsere Kinder, nicht gefährdet werden. Deshalb ist jeder Standort individuell zu bewerten und nach den Maßstäben des Mobilitätskonzeptes konkret neu zu überplanen. Dies kann durch zusätzliche Ausweisung von „Tempo 30“, Geschwindigkeitsmessanlagen, Aufpflasterungen, Veränderungen des Straßenpflaster oder Fahrbahnveränderungen erreicht werden.

Tim Brockmann: Ich werde mich dafür einsetzen, dass gerade an diesen besonderen Orten Geschwindigkeitsbegrenzungen weiter ausgebaut werden. Dies kann aber nur im Rahmen der Straßenverkehrsordnung und in Abstimmung mit der Verkehrsbehörde erfolgen. Eine eigenmächtige Einrichtung von Tempo-30 Zonen widerspräche dem geltenden Recht. Deshalb ist es auch wichtig, immer wieder gegenüber dem Gesetzgeber deutlich zu machen, dass vor Ort Handlungsbedarf besteht und die entsprechenden gesetzlichen Regelungen angepasst werden müssen. Sofern eine Geschwindigkeitsbegrenzung zunächst nicht möglich ist, sollten anderen Maßnahmen ergriffen werden, die insbesondere den Autofahrer auf die besondere Gefahrensituation hinweisen.

4. Im Zuge der jährlichen Fahrradprüfungen an den Schulen wurde festgestellt, dass die Kinder immer schlechter Rad fahren. Woran könnte das liegen und was könnte man dagegen tun?

Tim Brockmann: Ob Kinder wirklich in Gänze immer schlechter Fahrrad fahren, vermag ich nicht abschließend zu beurteilen. Insbesondere ist ein aktueller Vergleich, vor dem Hintergrund der Corona-Pandemie schwierig zu ziehen. Sicherlich kann man feststellen, dass sich Kinder heutzutage weniger draußen bewegen als es noch vor 30 oder 40 Jahren der Fall war. Durch das Überangebot an Onlinespielen oder Streamingmöglichkeiten verbringen Kinder und Jugendliche mehr Zeit im häuslichen Umfeld, als sich in der freien Natur zu bewegen. Hier liegt die Verantwortung in erster Linie im Elternhaus, Kinder zu motivieren, sich einer freigewählten Sportart zu widmen oder aber eventuell durch gemeinsame Fahrradtouren, die Lust an der Bewegung zu wecken.

Daniel Schlichting: Aktuelle Studien belegen, dass sich gerade in jüngster Zeit bei vielen Kindern die Motorik und Körperbeherrschung deutlich verschlechtert hat. Das mag ein wichtiger Grund dafür sein dass unsere „Lütten“ ein so instabiles Gefährt wie das Zweirad nicht mehr sicher beherrschen. Hier macht Übung den Meister! Sowohl in der Schule (Sport- und Schwimmunterricht, Gymnastik in den Pausen oder am Beginn von Schulstunden) wie im Sportverein oder bei der übrigen Freizeitgestaltung kann hier Abhilfe geschaffen werden. Dabei sehe ich auch die Eltern in der Pflicht, die körperliche Ertüchtigung ihrer Kinder zu fördern. Die Stadt kann dies durch die Einrichtung von Fahrradübungsplätzen beispielsweise auf Schulhöfen oder andern öffentlichen Plätzen unterstützen. Dem ADFC, der Schule sowie der Polizei bietet sich dann die Möglichkeit, auf diesen Plätzen durch entsprechende Programme (Verkehrsübungen, Training, Geschicklichkeitswettbewerbe, Ralleys…) Lust am Fahrrad und Sicherheit im Verkehr zu wecken und zu stärken.

5. Im Bereich des Hufenwegs befinden sich mehrere Unfallschwerpunkte, an denen in den letzten Jahren über 30 Menschen auf dem Rad oder zu Fuß durch Autos verletzt worden sind. Zuletzt erlitt ein Kind am Zebrastreifen vor dem Fachmarktzentrum dabei lebensgefährliche Verletzungen. Was möchten Sie für mehr Verkehrssicherheit – insbesondere für Kinder – zwischen Garnkorb und dem Fachmarktzentrum verändern?

Daniel Schlichting: Verkehrssicherheit kann nur durch Verantwortung und Rücksichtnahem aller Verkehrsteilnehmer erreicht werden. Eigenverantwortung alleine reicht leider nicht immer und wird dadurch erschwert, dass Verkehrsräume häufig aus Sicht von Autofahrern gestaltet werden. Gerade an Straßenquerungen geht es allerdings um die Sicherheit von Fußgängern und Radfahrern, zumal am  Zebrastreifen die Fußgänger Vorrang genießen. Aus meinem letzten Urlaub in Norwegen habe ich in Erinnerung, wie die Norweger dem Sicherheitsbedürfnis der Fußgänger durch bauliche Maßnahmen „nachhelfen“. Die gesamte Fläche von Zebrastreifen wird auf das Niveau des Bürgersteiges angehoben. Jeder Autofahrer, dem sein Auspuff lieb ist, bremst daher sein Fahrzeug auf höchstens Tempo 30 ab. Überdies signalisiert das unterschiedliche Höhenniveau, welchem Verkehrsteilnehmer dieser Bereich primär zuzuordnen ist. Und schließlich leistet diese Baumaßnahme einen wichtigen Beitrag zur Barrierefreiheit. Auch für Preetz kann ich mir solche Lösungen – notfalls zunächst im Rahmen eines Modellversuches – gut vorstellen.

Tim Brockmann: Zuerst möchte ich betonen, dass jedes Kind und jeder Erwachsene, der durch einen Verkehrsunfall zu Schaden kommt, einer zu viel ist. In dem angesprochenen Bereich sind bereits viele Maßnahmen realisiert, um die Verkehrssicherheit zu höhen. Für den Autoverkehr gilt bereits Tempo 30 und mit dem angesprochenen Zebrastreifen ist außerdem ein klares Instrument für die Vorfahrtsberechtigung der Fußgängerinnen und Fußgänger gegeben. Zudem befindet sich auf Höhe des Kindergartens eine Fußgängerampel. Als schwierig hingegen empfinde ich für alle Verkehrsteilnehmer nach wie vor die Situation an der Kreuzung Güterstraße/Hufenweg. Ein sicheres Überqueren der Straßen ist kaum möglich. Hier gilt es Verbesserungen für alle Verkehrsteilnehmer zu finden.